Kapitel:
- Was ist eine Essstörung?
- Welche Essstörungen treten bei Kindern und Jugendlichen auf?
- Wie äußern sich Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen?
- In welchem Alter treten Essstörungen auf?
- Wann gibt es Anlass zur Sorge in Bezug auf Essstörungen?
- Tipps für Eltern: So reagierst du richtig
Dein Kind hat oft “keinen Hunger”, studiert die Nährwertangaben ganz genau oder möchte auf keinen Fall mehr kurze Sachen tragen? Du machst dir langsam Gedanken, weil ständiges Trainieren wichtiger ist als alles andere?
Bei solchen Verhaltensänderungen sind viele Eltern unsicher, ob ihr Kind Anzeichen einer Essstörung zeigt. Doch wann musst du dir wirklich Sorgen machen um dein Kind? Und wie erkennst du klar, ob etwas nicht stimmt? 🚨 Wir geben dir hier einen Überblick über häufige Essstörungen und deren Symptome bei Kindern und Jugendlichen.
Was ist eine Essstörung?
Von einer Essstörung spricht man, wenn das Essverhalten und das Körperbild eines Menschen gestört sind. Die Gedanken kreisen zunehmend um Nahrung, Kalorienwerte und das eigene Aussehen. Die Art und Menge der Mahlzeiten verändert sich stark.
Auslöser sind häufig psychische Probleme, weshalb neben den Symptomen auch die Ursache behandelt werden muss, um eine Essstörung zu heilen.
Mit Essstörungen gehen meist körperliche und seelische Schäden einher. Die Krankheitsbilder können dabei sehr ernste Konsequenzen haben - in Extremfällen sogar bis hin zum Tod.
Welche Essstörungen treten bei Kindern und Jugendlichen auf?
Vereinzelt kommt es auch schon im Kindesalter zu Essstörungen, unter denen auch Erwachsene leiden. Dazu zählen Magersucht, Binge Eating und einige mehr, die wir dir im Anschluss näher erklären möchten. Dabei sind Mädchen oft häufiger betroffen, weil sie stärker unter Gruppenzwang leiden und von falschen Vorbildern und ungesunden Schönheitsidealen beeinflusst sind.
Magersucht / Anorexie
Bei Magersucht / Anorexie sind die Betroffenen getrieben von der Angst „zu dick“ zu werden und nehmen daher begrenzt Nahrung auf. Häufig beginnt diese Angst mit Einsetzen der Pubertät: Kinder setzen sich plötzlich viel mehr mit ihrem Körperbild auseinander und wollen sich in ihrem sozialen Umfeld beweisen. Das regulierte Essen und die Gewichtsabnahme sind dann oft der Beweis für die Jugendlichen, dass sie die Kontrolle behalten können über sich und ihr Leben.
Bulimie / Ess-Brech-Sucht
Bei Bulimie kommt es dagegen zu Heißhungerattacken, es wird also immer wieder eine extrem große Menge an Nahrung auf einmal aufgenommen. Dadurch entsteht ein großer Zwang, viel Sport zu treiben oder sich zu übergeben. So hoffen sie, in der Kalorienbilanz wieder einen Ausgleich zu schaffen, damit sie nicht zunehmen.
Der Heißhunger kommt zum Teil auch bei Magersüchtigen vor, manchmal entwickelt sich die Bulimie im Laufe der Zeit daraus. Da viele Betroffene aber eben nicht untergewichtig sind, wird Bulimie häufig spät erkannt. Sie leiden oft besonders darunter und bemühen sich, ihre Krankheit mit allen Mitteln zu verbergen. Daher isolieren sie sich oder verstricken sich immer weiter in Lügenkonstrukte.
Binge Eating
Beim Binge Eating kommt es zu noch häufigeren und extremeren Essanfällen, bei dem ein enormer Kontrollverlust wahrgenommen wird. Das Sättigungsgefühl wird dabei komplett ausgehebelt und die Betroffenen können nicht aufhören zu essen, obwohl sie vielleicht sogar wollen.
Genau wie Bulimie lässt sich das Binge Eating leider besonders lange im Alltag verbergen. Viele horten Essen an versteckten Orten und nehmen Mahlzeiten heimlich im eigenen Zimmer zu sich. Eine Gewichtszunahme können Eltern sich dann oft nicht erklären - immerhin werden ja normale Portionen gegessen, wie immer eben. Aus diesem Grund leiden Betroffene oft jahrelang unerkannt darunter.
Pica Erkrankung
Eine eher seltene Krankheit, die aber ein hohes gesundheitliches Risiko mitbringt, ist die sogenannte Pica Erkrankung. Dabei essen Kinder immer wieder Dinge, die nicht essbar sind, beispielsweise Sand, Steine oder Dreck.
Es kann zu Verdauungsproblemen, Darmverschlüssen oder sogar Vergiftungen oder Parasitenbefall kommen. Besonders bei größeren Mengen und in einem Alter, in dem dieses Verhalten bereits nicht mehr gängig ist, sollte man dieser Angewohnheit also besondere Aufmerksamkeit schenken. Ein grober Richtwert ist: Kinder ab 2 Jahren, die dieses Verhalten bereits über einen Monat nicht ablegen.
Übergewicht / Adipositas
Bei älteren Kindern und Jugendlichen tritt inzwischen häufig Übergewicht auf. Das kann an einem ungesunden Essverhalten liegen, kann aber auch mit anderen Faktoren zusammenhängen. Du solltest in diesem Fall vor allem den Ursachen auf den Grund gehen.☝️
Betroffene leiden häufig unter Hänseleien und Ausgrenzung und sie haben mit schlechten Vorurteilen zu kämpfen. Sie werden als faul und unattraktiv bezeichnet. Häufig können sie nicht die Kleidung tragen, die sie gerne hätten, und sie schämen sich, wenn sie im Schulsport weniger fit sind als andere.
Gerade wegen der alltäglichen schlechten Erfahrungen ist ein sensibler Umgang mit der Thematik für viele Betroffene wichtig. Eine reine Fokussierung auf eine Gewichtsabnahme setzt gerade Jüngere leider zusätzlich unter Druck. Ein gesundes Essverhalten und ein gutes Körperbild zu entwickeln, fällt ihnen dann noch schwerer.
Wie bei allen anderen Essstörungen gilt also auch hier: Unbedingt auch die die Emotionen deines Kindes achten und daran arbeiten, die Ursachen zu finden.
Wie äußern sich Essstörungen bei Kindern?
Untergewicht oder Übergewicht
Unter- und Übergewicht können ein erstes Anzeichen sein. Hier solltet ihr euch auf jeden Fall von eurem Kinderarzt beraten lassen und die Lebens- und Essgewohnheiten deines Kindes genauer ansehen. 🔍 Diese können sehr individuell sein und ein Gewicht außerhalb des Normbereichs muss nicht zwingend für eine Essstörung sprechen.
Depressionen und Mobbing
Psychisch hängen Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen häufig mit Depressionen, Angststörungen oder Schwierigkeiten beim Bewältigen von Lebenskrisen zusammen. Mobbing und/oder ein geringes Selbstwertgefühl können Auslöser sein sowie die Situation enorm verschlimmern. 😔
Konzentration und Leistungsfähigkeit
Tritt eine Essstörung auf, fehlt es Kindern oft an körperlicher Fitness und Kraft. Auch die Konzentration und Leistungsfähigkeit nimmt ab. Viele werden dadurch schlechter in der Schule, ziehen sich zurück und sind schnell erschöpft.
Körperliche Entwicklung
Auch auf die geistige und körperliche Entwicklung haben Essstörungen leider häufig einen negativen Einfluss. Bei chronischer Unterernährung beispielsweise können das Herz und andere Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch das Wachstum kann gehemmt sein sowie die Pubertät später einsetzen.
In welchem Alter treten Essstörungen auf?
Bereits Babys und Kinder können unter Essstörungen leiden. Die Diagnose ist bei ihnen jedoch häufig schwieriger: Die Ausprägungen sind etwas anders als bei Teenagern oder Erwachsenen. Umso wichtiger ist es aufmerksam zu sein, wenn Symptome auftreten.
Studien zeigen, dass bis zu 20 % der 11- bis 17-Jährigen zumindest erste Symptome einer Essstörung aufweisen. Interessant ist hier, dass das Risiko bei Mädchen in der Pubertät zunimmt, während es bei Jungs eher sinkt.
Wann gibt es Anlass zur Sorge in Bezug auf Essstörungen?
Grundsätzlich solltest du etwas hellhörig werden, wenn das Thema Essen in irgendeiner Form beginnt, eine große Rolle zu spielen. Das kann das krampfhafte Beschäftigen mit Rezepten, Kalorien und Nährstoffen sein. Auch eine plötzliche Steigerung oder Reduzierung der Nahrung kann gegebenenfalls ein Anlass zur Sorge sein.
Dein Kind kocht sehr viel und gerne, isst dann aber nie oder selten mit? Auch hier solltest du den Ursachen auf den Grund gehen.
Auch eine extreme Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen und Gewicht können eine Ursache und/oder ein Symptom von einer Essstörung sein. Kinder stehen dann oft vor dem Spiegel oder auf der Waage, sperren sich lange im Bad ein oder beschweren sich über das eigene Gewicht, obwohl sie bereits sehr dünn sind.
Auch sehr weite Kleidung und weniger soziale Kontakte können Anzeichen sein.
Bleibt bei Mädchen die Menstruation aus oder wirkt dein Kind oft kraftlos, müde und ausgelaugt, solltest du ebenfalls hellhörig werden.
Tipps für Eltern: So reagierst du richtig
Grundsätzlich gilt: Kommen Sorgen auf, sprich ruhig mit dem Kinderarzt darüber. Es gibt außerdem online und in vielen Städten Beratungsstellen, wo du dir zunächst selbst mehr Infos holen kannst. Das kann dir helfen, dein Kind auf die richtige Art und Weise auf sein Verhalten anzusprechen. Auch kannst du hier einiges über Anlaufstellen und Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb der Familie erfahren.
Auch eine offene Kommunikation mit deinem Kind ist enorm wichtig: Je besser du weißt, wie dein Kind sich mit sich selbst fühlt, was in der Schule und im Freundeskreis los ist, desto besser kannst du Warnsignale früh wahrnehmen. Essstörungen haben meist nicht nur psychische Ursachen, sondern auch starke Begleiterscheinungen wie Depressionen. Versuche daher besonders, auf dein Kind einzugehen, und biete deine vollumfängliche Unterstützung an.
Die Situation ist für die Betroffenen selbst wie auch für Außenstehende sehr schwierig. Die Erkrankung ist nicht bloß eine unschöne Gewohnheit, die man abtrainieren kann, sondern erfordert professionelle Therapie und viel Auseinandersetzung mit sich selbst. Schrecke gerade deshalb nicht davor zurück, im Zweifel erste Beratungsangebote anzunehmen. Hier gilt: Lieber einmal genauer hingeschaut, um deinem Kind so früh wie möglich zur Seite stehen zu können.